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Er stand auf Platz zwei der Weltrangliste, erreichte insgesamt 28 Endspiele auf der ATP-Tour und gewann 15 von ihnen. Im Jahr 2000 holte er die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Sydney und erreichte gleich viermal ein Halbfinale bei einem Grand Slam-Turnier. Die Rede ist von Tommy Haas, einem der erfolgreichsten deutschen Tennisspieler. Heute ist der gebürtige Hamburger 46 Jahre alt, hat zwei Kinder und lebt in Florida. Dem Tennissport ist er noch immer verbunden. Denn er spielt nicht nur für den TC Großhesselohe in der Bundesliga über 30, sondern ist auch Turnierdirektor des Masters-1000-Turniers in Indian Wells.

Rückblickend ist der Rechtshänder mehr als zufrieden mit seiner Karriere als Profisportler, die er 2018 beendet hatte. Dennoch erinnert er sich auch an die schwierigen Zeiten zurück. In der 16- Episode von „Volleys & Tweeners“, dem Podcast von Mischa Zverev und Matthias Stach, tauscht sich das Trio über die eigenen Erfahrungen mit schwierigen Zeiten vor allem in Hinblick auf Verletzungen aus und wie man sich schließlich wieder zurück in den Alltag kämpfen kann.

Seit 2016 ist Tommy Haas der Turnierdirektor des Masters-Events in Indian Wells.

Seit 2016 ist Tommy Haas der Turnierdirektor des Masters-Events in Indian Wells.

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Das Leben als Profisportler: Im Zwiespalt zwischen Ehrgeiz und Ruhepausen

Wenige Tage ist es erst her, dass Mischa Zverev sich einer Operation am Knie unterziehen musste. Als er gemeinsam mit Stach und Haas die 16. Episode von Volleys und Tweeners aufnahm, meldete sich der 37-Jährige deshalb liegend aus dem Bett zu Wort. Auch wenn ihm die tennisfreie Zeit bei der Regeneration eigentlich helfen sollte, fällt es dem älteren der Zverev-Brüder dennoch schwer, den Schläger ganz beiseitezulegen.

Denn noch im Rahmen des Masters-1000-Turniers in Paris schwang Mischa Zverev auf einem Stuhl sitzend das Tennisracket, sein jüngerer Bruder Alexander Zverev filmte das Geschehen.

Genau diesen Zwiespalt zwischen Ruhe und dem Enthusiasmus, endlich wieder Sport machen zu wollen, kann auch Haas gut nachvollziehen. Im Laufe seiner Karriere musste er häufig verletzungsbedingt pausieren und sich auch der ein oder anderen Operation unterziehen.

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Knapp sechs Jahre nach seinem Debüt auf der Profi-Tour stand für den damals 24-jährigen Tennisspieler die erste Operation an der Schulter an. Heute blickt er schmunzelnd auf die Zeit zurück, denn welche Veränderungen eine Spielpause für ihn haben könnte, hatte er erstmal nicht kommen sehen.

„Ich wurde im Dezember 2002 das erste Mal an meiner Schulter operiert. 2003 bin ich dann nach Argentinien nachgeflogen, um das Davis Cup Team zu sehen“, erzählt er im Gespräch mit Zverev und Stach. „Ich glaube, Patrik Kühnen und der Rest des Teams haben wirklich gesagt: ‚Wir haben dich kaum wiedererkannt.‘ Ich hatte kurze Haare, hatte solche Backen. Ich war mindestens 12 bis 15 Kilo im Übergewicht. Die haben mich nur angeguckt und gesagt: ‚Das kann ja wohl echt nicht wahr sein.‘

Das war eine Zeit, in der ich in einer Art und Weise ein bisschen deprimiert war, weil ich keinen Sport machen konnte. Wenn ich zurückblicke: Was ich damals getrunken und gegessen habe – wirklich peinlich eigentlich.

Matthias Stach ist als TV-Kommentator bestens informiert. „Du hattest die längste Pause, die jemals ein Profi hatte, der dann erfolgreich zurückgekommen ist. Es waren insgesamt 467 Tage“, klärt er Haas auf.

Über 15 Monate musste Haas nach seiner Operation pausieren. Was für ihn besonders schlimm war: Er spielte gerade eine überragende Saison und erzielte gute Ergebnisse. „Die Situation war ein bisschen blöd, weil ich zu dem Zeitpunkt mein bestes Tennis gespielt habe“, blickt er zurück.

Dennoch gab es keinen anderen Ausweg als diese Zwangspause einzulegen: „Nach zahlreichen Untersuchungen stellte sich dann heraus, dass die Subscapularis-Sehne (Anm. d. Red. Unterschulterblattmuskel) zu 90 Prozent vom Knochen getrennt war.” Die logische Konsequenz also: eine Operation und monatelange Tennis-Abstinenz.

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Tommy Haas: "Komme ich überhaupt jemals zurück?"

Eben weil Zverev gerade auch keinen Sport machen kann, kann er sich in den ehemaligen Weltranglisten-Zweiten hereinversetzen. Immer wieder kommen Zweifel und Ängste auf, aber auch dem privaten als auch dem spielerischen Umfeld sind solche Veränderungen anzumerken.

Zverev erzählt: “Bei mir war es so, dass ich relativ positiv gestimmt war. Dann schaue ich mir die Menschen um mich herum an und die machen sich permanent Sorgen. Wie war es bei dir?”, will er von Haas wissen.

Dieser entgegnet: “Am Anfang war ich erstmal nicht so positiv. Ich habe viele Kollegen gesehen, die an der Schulter operiert worden sind damals. Goran Ivanisevic oder Michael Stich. Die waren schon ein bisschen am Ende ihrer Karriere und deswegen vielleicht auch nicht mehr ganz so motiviert. Aber viele haben zu dem Zeitpunkt nie wieder zurückgefunden zu dem besten Tennis. Ich war gerade 24 Jahre alt. Ich hatte den Gedanken: ‘Meine Güte, komme ich überhaupt jemals zurück?’”

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Aber Haas’ Operation verlief gut und auch die Arbeit, die er im Anschluss in der Reha investierte, kristallisierte sich als erfolgreich heraus. Für ihn war das Kredo in der Rehabilitation: “Jeder Tag, den du da verpasst, ist ein negativer Tag. Das habe ich mir wirklich zu Herzen genommen und versucht, das so gut wie möglich zu machen. Zu dem Zeitpunkt gab es auch nichts anderes für mich, außer voll Tennisprofi zu sein und alles wieder in die Wege zu leiten, um wieder zurückzukommen.”

Schwierig ist es allerdings schon im Voraus, denn nicht immer wollen die Sportler ihre Verletzungen wahr haben, wollen lieber weiterspielen. Das gesteht auch Tommy Haas: “Wenn ich was gespürt habe, habe ich oft versucht, die Schmerzen zu ignorieren, weil sie auch immer in Wellen kamen, mal war es intensiver, dann war es wieder weg.”

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Immer wieder wurde Tommy Haas von Verletzungen ausgebremst. Aber er kämpfte sich zurück.

Immer wieder wurde Tommy Haas von Verletzungen ausgebremst. Aber er kämpfte sich zurück.

Tommy Haas: "Ich habe die gleichen Emotionen!"

Den Moment, eine Pause einzulegen oder sich einer Operation zu unterziehen, schien Haas aber nie verpasst zu haben. Denn vielmehr als auf seine Verletzungen blickt er heute stolz auf seine Karriere zurück, die über 20 Jahre dauerte. “2004 als ich nach der Verletzung wieder kam, habe ich im Februar angefangen zu spielen und das Jahr als Nummer 17 beendet. Das ist nicht so schlecht, wenn man über 15 Monate raus war.”

Noch heute treibt ihn der Ehrgeiz auf dem Tennisplatz an, wenn er im Ü30-Team der Bundesliga-Mannschaft TC Großhesselohe spielt. “Wenn du Tennis-besessen bist oder einfach gerne spielst, dann willst du nur fit und gesund sein. Du willst da rausgehen und irgendwie einen Weg finden, Matches zu gewinnen. Das hat sich nicht geändert, wenn ich jetzt Bundesliga über 30 spiele. Ich habe die gleichen Emotionen. Egal, was ich machen muss, ich versuche nur zu gewinnen.”

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Doch genau wie heute, schliefen auch damals seine Konkurrenten nicht. Ganz im Gegenteil: Nach Haas’ Comeback im Jahr 2004 tauchten mit Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic vielversprechende Tourkollegen auf, die dem Deutschen die Siege nicht gerade hinterher warfen.

Mit Federer steht Haas noch heute in gutem Kontakt. Zwar trafen die beiden gleich 17 Mal aufeinander (Haas gewann davon vier Matches), dennoch verbindet die beiden weitaus mehr als die Rivalität auf dem Tennisplatz, wie Matthias Stach erzählt: “Du weißt schon, dass du dafür verantwortlich bist, dass Roger glücklich verheiratet ist?” Haas weiß Bescheid: “Mitverantwortlich, ja.”

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Bis heute liiert: Tommy Haas hatte vermutlich einen kleinen Anteil an der Kennenlern-Geschichte zwischen Roger Federer und Mirka.

Bis heute liiert: Tommy Haas hatte vermutlich einen kleinen Anteil an der Kennenlern-Geschichte zwischen Roger Federer und Mirka.

Tommy Haas' Anteil an der Liebesgeschichte zwischen Roger & Mirka

Haas springt 24 Jahre in der Geschichte zurück: “Olympische Spiele 2000 in Sydney. Ich habe immer gerne in Australien gespielt. Ich habe das Match im Halbfinale gegen einen damals 19-jährigen jungen Schweizer, Roger Federer, gespielt.”

Um das ganze Szenario zu verstehen, erklärt Haas, wie er über die Olympischen Spiele dachte. Für ihn wäre nämlich das Horror-Szenario gewesen, ins Halbfinale einzuziehen, zu verlieren und dann um Bronze zu spielen. Der Worst-Case-Fall: Man fährt am Ende als einziger Halbfinalist ohne Medaille nach Hause.

Genau deshalb war es für Haas so wichtig, im Halbfinale zu performen. “Ich war so fokussiert, wie ich nur sein kann. Und Roger eben nicht. Da gab es ein paar Szenen, in denen er den Schläger schmeißt und flucht. Ich wusste: Ich habe eine Medaille sicher”, erinnert sich Haas zurück.

Er erklärt weiter: “Im Schweizer Team war natürlich auch Mirka. Sie musste ihn dann nach meinem Match ein bisschen trösten. Und dann erst recht nach dem verlorenen Halbfinale gegen Arnaud Di Pasquale, weil man als Vierter nicht nach Hause fliegen möchte. Und so ist die Liebesgeschichte der beiden mitentstanden.”

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Während Haas also einen kleinen Anteil an der Geschichte von Mirka und Roger hatte, so hatte Federer auch einen Anteil am Karriereende von Tommy Haas. Denn in Stuttgart 2017 trafen beide ein letztes Mal aufeinander. Relativ schnell lag Haas sehr deutlich zurück. Dann setzte er sich ein Ziel: “Eine Stunde hier draußen wäre schon gut. Nach unter einer Stunde Spielzeit vom Platz gehen, muss nicht sein.”

Einen 2:6, 1:2-Rückstand drehte Haas dann und ging am Ende als Sieger vom Court. Glücklich war er allerdings nicht. Denn im Laufe des Spiels spürte er, eine Verletzung im Rücken. Er gesteht: “Ich war fix und fertig, habe dann auch schon teilweise bocklos gespielt, weil es mich so angekotzt hat. […] Ich konnte mich nicht freuen, weil ich nicht mehr weiter Tennisspielen wollte. Ich hatte keinen Bock mehr, weil ich schon wusste, dass mein Rücken wieder zumacht.”

Nehme ich jetzt das Mikrofon und sage ‘das war’s, danke’? Besser kann man nicht Tschüss sagen, zu Hause in Deutschland auf Rasen gegen Roger.

Aber so kam es nicht. Denn er wollte auch von den anderen deutschen Turnieren wie in Halle oder Hamburg Abschied nehmen. Und so zog sich sein Rücktritt bis in den März 2018.

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Im Juni 2017 trafen Tommy Haas und Roger Federer ein letztes Mal in Stuttgart aufeinander.

Im Juni 2017 trafen Tommy Haas und Roger Federer ein letztes Mal in Stuttgart aufeinander.

Apropos Rücktritte und Verletzungen: In der 16. Episode von Volleys & Tweeners sprechen Haas, Zverev und Stach auch über Dominic Thiem und Rafael Nadal. Sie analysieren gemeinsam ihre Laufbahnen und persönlichen Geschichten. Zudem diskutieren sie: Wer sind die erfolgreichsten Spieler der Tennisgeschichte, die nie einen Grand Slam-Titel gewonnen haben?

All das und vieles mehr hört ihr in der 16. Folge von Volleys & Tweeners auf allen gängigen Podcast-Plattformen sowie mit Video auf tennischannel.de.