Jan-Lennard Struff: „Alle meine anderen T-Shirts sind in der Wäsche!“  

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Über zweieinhalb Monate war es her, dass Jan-Lennard Struff ein Einzel-Match gewonnen hatte. Bereits in München, wo er als Titelverteidiger angereist war, zeigte sich der 35-Jährige sichtlich enttäuscht über seine Leistungen. „Sobald ich auf den Match-Court steppe, ist gefühlt der Stecker gezogen. Das hat sich nicht schön auf dem Platz angefühlt“, sagte er nach seiner 0:6, 2:6-Auftakt-Niederlage gegen Francisco Cerundolo.

Doch in Madrid konnte der Warsteiner nach sieben verlorenen Matches in Folge nun wieder einen Sieg einfahren. Gegen Botic van de Zandschulp kämpfte er sich bis in den dritten Satz. Dort gab der Niederländer nach einer Behandlungspause und anhaltenden Problemen aber auf. „Es ist nicht schön, mit einer Aufgabe zu gewinnen. Ich wünsche Botic nur das Beste, er ist ein toller Typ“, sagte Struff hinterher im Tennis Channel-Studio.

Jan-Lennard Struff verlor seit Februar 2025 sieben Einzel-Matches in Folge. In Madrid meldete er sich nun zurück.

Jan-Lennard Struff verlor seit Februar 2025 sieben Einzel-Matches in Folge. In Madrid meldete er sich nun zurück.

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Wie gewohnt blieb der zweifache Vater bodenständig und tobte nicht vor Freude über seinen Sieg, der für ihn dennoch ein wichtiges Momentum war. „Es war bislang ein hartes Jahr für mich“, gestand Struff im Gespräch mit Prakash Amritraj. „Ich konnte nicht viele Siege einfahren. Ich versuche und versuche weiter. Ich versuche, an allem zu schleifen und zu kämpfen. Heute war einfach sehr wichtig für mich“, bestätigte er.

Doch für Struff war der Einzug in die zweite Runde weitaus mehr als der erste Sieg seit 2,5 Monaten – es war auch eine Rückkehr an einen Ort, an den er viele positive Erinnerungen hat. Denn vor zwei Jahren feierte er hier eine seiner bislang besten Turnierwochen, als er mit Siegen unter anderem über Lorenzo Sonego, Ben Shelton und Stefanos Tsitsipas sein erstes ATP-Tour-Endspiel erreichte.

Auch dort knüpfte er Alcaraz noch einen Satz ab, bevor er sich dem Spanier schließlich nach einem harten Kampf beugen musste. „Es ist schön, zurück in Madrid zu sein. Ich hatte hier einige Erfolge vor zwei Jahren, als ich mein erstes Finale gespielt habe. Ich liebe diesen Ort und habe viele gute Erinnerungen an ihn.“

2023 erreichte Struff sein erstes ATP-Endspiel. Das Finale verlor er gegen Carlos Alcaraz mit 4:6, 6:3, 3:6.

2023 erreichte Struff sein erstes ATP-Endspiel. Das Finale verlor er gegen Carlos Alcaraz mit 4:6, 6:3, 3:6.

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Struffs Liebeserklärung an Madrid

Gleichzeitig ist Madrid ein Ort, der aufgrund seiner Lage perfekt zu Struffs Spiel passt, wie er selbst 2023 feststellte. „Zum Aufschlagen ist es hier toll. Schnell, schnelle Konditionen – das genieße ich sehr.“ Der etablierte Davis Cup-Spieler besticht vor allem durch seine hammerharten Aufschläge, aber auch seine aggressiven Grundschläge sowie seine schnellen Netzangriffe. Und wo geht das besser, als unter den Bedingungen in Madrid? „Wenn du auf schnelle Ballwechsel aus bist, kann es dir helfen. Wenn du aber Geschwindigkeit rausnimmst, wird es meistens nicht funktionieren. Du musst dranbleiben, dem Ball etwas mehr Spin geben. Ich mag es hier, es passt zu meinem aggressiven Spielstil“, erklärte er seine Taktik.

Genau diese Bedingungen schien Struff auch gebraucht zu haben, um das Selbstvertrauen in sein eigenes Spiel wiederzufinden. In den vergangenen Wochen haderte er vor allem mit seiner eigentlichen Waffe, dem Aufschlag, aber auch mit dem Übergang von Trainingssätzen zu den richtigen Matches. „Der Aufschlag ist wichtig, denn damit fängst du jeden Punkt an. Aber es braucht manchmal einfach Zeit...

Ich weiß, dass ich manchmal zu hektisch bin, deshalb versuche ich mir jetzt mehr Zeit zu nehmen.

Schon in München bestätigte Struff, dass sein Training deutlich besser laufen würde als die eigentlichen Matches. In Madrid scheint er diesen Knackpunkt – wenigstens im ersten Match – überwunden zu haben: „Ich arbeite immer hart. Harte Arbeit ist der einzige Weg. Ich versuche, ein paar Matches zu bekommen. Wenn es im Training funktioniert, musst du versuchen, es ins Match zu übertragen. Aber das ist schwierig.“

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Wie Struff seine Gegner aus dem Konzept bringen kann

Dass Struff einfach nur eine schwierige Phase durchgemacht, seine Arbeit aber keineswegs vernachlässigt hatte, fiel auch dem Interviewer Amritraj auf. „Gut gebaut bist du“, stellte er mit einem Blick auf Struffs Tanktop fest, das seine Oberarme freigab. „Schüchterst du so deine Gegner ein?“ Leicht verlegen, aber schmunzelnd reagierte der Warsteiner: „Das weiß ich sehr zu schätzen, danke. Aber ehrlicherweise sind alle meine anderen T-Shirts in der Wäsche.“

Mit dem Erstrunden-Erfolg gegen Van de Zandschulp bescherte sich Struff ebenfalls ein vorzeitiges Geburtstagsgeschenk. Denn einen Tag nach dem Sieg, also am 25. April feierte er seinen 35. Geburtstag, zu dem ihm auch seine Davis Cup-Kollegen Kevin Krawietz und Tim Pütz mit einem Foto via Instagram gratulierten.

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Doch viel Zeit zum Feiern bleibt Struff nicht. Denn der Fokus liegt nun auf seinem nächsten Match, in dem er auf den Weltranglisten-18. Stefanos Tsitsipas treffen wird. „Das wird hart“, weiß der 35-Jährige. „Ich muss wirklich gutes Tennis spielen, um eine Chance gegen ihn zu haben.

Seine weitere Herangehensweise:

Mach’s einfach. Einfach draufgehen, Serve-and-Volley spielen – das ist mein Lieblings-Spielstil!

Als Struff 2023 das Endspiel in Madrid erreichte, konnte er den Griechen in einem knappen Drei-Satz-Match bezwingen. „Es war eine tolle Partie, super eng. Irgendwie habe ich den ersten Satz gewonnen und fünf oder sieben Breakbälle abgewehrt.“ Das letzte Aufeinandertreffen in Cincinnati 2024 ging aber in drei Sätzen an den Top-20-Spieler.

Was Struff nun zugutekommen könnte: „Du bist jemand, dem niemand in der Auslosung gegenüberstehen will – vor allem wegen deinem massiven Aufschlag“, weiß auch Amritraj.

Für Struff geht es nun also darum, das wiedergewonnene Selbstvertrauen in sein Spiel und seine große Liebe für die rote Asche am Samstag gegen Tsitsipas wieder auf den Platz zu bringen. Wenn ihm das gelingt – weiß auch der zweifache Vater –, dann kann er jeden schlagen.