Schiedsrichter-Diskussionen in Shanghai: In den Matches von Tsitsipas, Taifoe, Zverev und Wawrinka gab es reichlich Diskussionsbedarf.

Seit nunmehr als neun Monaten sind die Tennisprofis 2024 dauerhaft unterwegs. Langsam neigt sich die Saison nun dem Ende zu. Aber an Abschalten ist für viele noch nicht zu denken. Denn noch immer haben fünf Spieler die Chance, sich für die ATP Finals 2024 in Turin zu qualifizieren. Sicher ist bereits, dass Jannik Sinner, Carlos Alcaraz und Alexander Zverev beim Jahres-Finale aufschlagen werden.

Um also noch so viele Punkte wie möglich bis November zu sammeln und sich in eine bestmögliche Ausgangssituation für das kommende Jahr zu bringen, trat ein Großteil der Herren beim Asian Swing, also bei den Turnieren auf dem asiatischen Kontinent an. Hier findet unter anderem auch das Shanghai Masters-Turnier statt, das für alle Spieler verpflichtend ist, es sei denn, sie sind verletzt.

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Nach neun Monaten voller Reisestrapazen und hitziger Duelle merkte man nun in Shanghai auch, dass die Gemütslage vieler Spieler angespannt zu sein scheint. Denn immer wieder verfielen einige Profis in heftige Diskussionen mit den Schiedsrichtern – die aber – und das muss man auch zugeben – nicht immer im Recht waren.

Stefanos Tsitsipas: „Haben Sie jemals Tennis gespielt?“

Eigentlich waren es auf dem Court entweder Apostolos Tsitsipas, der Vater von Stefanos, oder Daniil Medvedev, einer seiner Gegner, die den Griechen häufig zur Weißglut brachten. Doch obwohl Tsitsipas am Mittwochmorgen auf Medvedev traf, war es diesmal nicht der Russe, der den 26-Jährigen um den Verstand brachte. Denn laut Aussage beider Spieler sollen sich die Streitigkeiten mittlerweile geklärt haben.

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In dem Achtelfinal-Match kam dann aber neuer Diskussionsbedarf auf, diesmal zwischen Tsitsipas und dem Schiedsrichter Fergus Murphy. Nachdem der Grieche den ersten Satz verloren hatte, lag er 2:1, 15:30 (mit Break) gegen den Russen vorne. Als Tsitsipas den Ball zu Boden prellt, um zum Aufschlag auszuholen, ertönt eine Verwarnung wegen Zeitüberschreitung von Murphy durch die Lautsprecher. „Zweiter Aufschlag“, sagte der Unparteiische dann an.

Völlig fassungslos empörte sich Tsitsipas, der kein Verständnis für die Situation aufbringen konnte. „Warum seid ihr so sehr gegen mich? Die letzten Monate waren so schrecklich. Ich verstehe nicht, was in euch gefahren ist“, rief er in Richtung des Schiedsrichters. Zu seiner Verteidigung entgegnete Murphy nur, dass die Shotclock automatisch starte. Dann bat er Tsitsipas aufzuhören, zu diskutieren. Nachdem der 26-Jährige aber keine Anstalten machte, die Partie fortzusetzen, darauf beharrte, dass es eine persönliche Angelegenheit gegen ihn selbst sei und eifrig weiter diskutierte, konterte Murphy nur: „Würdest du mehr Matches schauen, wüsstest du, dass wir öfter Zeitstrafen verhängen.“

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Dann hast du definitiv keine Ausdauer. Du spielst vermutlich die ganze Zeit Serve and Volley.

Nachdem Tsitsipas dann also wieder auf den Court zurückkehrte, servierte er einen Doppelfehler und verlor schließlich sein Aufschlagspiel und damit die Führung im zweiten Satz. Daraufhin nahm er auf der Bank Platz und forderte ein, mit einem Supervisor sprechen zu wollen. Sein Gegner Medvedev wartete unterdessen aufschlagbereit auf dem Platz.

„Mein Problem ist der Doppelfehler, den Sie mir weggenommen haben“, richtete Tsitsipas erneut gegen den Unparteiischen. Haben Sie jemals Tennis gespielt?“, fragte er Murphy. Dieser entgegnete trocken: „Habe ich.“ Doch der Grieche ließ sich nicht beruhigen: „Dann haben sie anscheinend keine Ahnung vom Tennis“, teilte er aus. „Ich bin nicht so gut wie Sie, aber ich habe gespielt“, blieb Murphy weiterhin ruhig. „Dann hast du definitiv keine Ausdauer. Du spielst vermutlich die ganze Zeit Serve and Volley“, feuerte Tsitsipas weiter.

Doch weder Murphy noch Medvedev ließen sich von dem verzweifelten Verhalten des Griechen aus dem Konzept bringen. Die Konsequenz: Tsitsipas musste die Partie in zwei Sätzen verloren geben und verpasste den Einzug ins Viertelfinale. Medvedev hingegen trifft am Donnerstag auf den Weltranglisten-Ersten Jannik Sinner.

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Frances Tiafoe: „So möchte ich niemanden behandeln“

Einen Tag zuvor ereilte Frances Tiafoe ein ähnliches Schicksal. Der US-Amerikaner traf in der dritten Runde auf Roman Saffiulin und hatte kein leichtes Spiel. Nach einem gewonnenen und einem verlorenen Satz ging es im dritten Durchgang in den entscheidenden Match-Tiebreak, in dem es 5:5 stand, als Tiafoe vermeintlich Aufschlagen wollte.

Locker warf er den Ball in die Luft, als die Worte „time violation, second serve, Mr. Tiafoe“ von Schiedsrichter Jimmy Pinoargote ertönten. Tiafoe reagierte verständnislos: „Ich habe den Ball geprellt und war bereit aufzuschlagen.“ Doch Pinoargote blieb standhaft: „Das kaufe ich dir nicht ab. Zweiter Aufschlag.“

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Ich bin sehr enttäuscht, wie ich mit der Situation umgegangen bin. Das ist nicht akzeptabel.

Die Diskussion entfachte weiter: „Alter, das ist die Regel. Der Ball geht hoch, wie kann ich dann nicht bereit sein, aufzuschlagen?“, fragte der US Open-Halbfinalist von 2024. Dann verlor er nicht nur seinen Aufschlag, sondern auch den entscheidenden Tiebreak im dritten Satz. Völlig wutentbrannt reagierte er sich schließlich am Schiri ab und warf mit Kraftausdrücken und Beleidigungen um sich.

Nachdem Tiafoe nach der Niederlage den Platz verlassen und sich beruhigt hatte, folgte aber umgehend eine Entschuldigung über seine Social-Media-Kanäle. Er schrieb: „Es tut mir wirklich leid, wie ich mich heute Abend benommen habe. So bin ich nicht und so möchte ich niemanden behandeln. Ich bin sehr enttäuscht, wie ich mit der Situation umgegangen bin. Das ist nicht akzeptabel und ich möchte mich hiermit bei dem Schiedsrichter, dem Turnier und den Fans entschuldigen.“

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Stan Wawrinka vs. Falvio Cobolli: Falscher Spielstand entscheidet über Matchgewinn

Gänzlich anders war der Matchverlauf in der Zweitrunden-Partie zwischen Stan Wawrinka und Flavio Cobolli. Von einem vermeintlichen Patzer des Schiedsrichters Carlos Bernades bekamen beide Spieler nämlich nicht mit. Und auch die Zuschauer im Stadion schienen keine Auffälligkeiten zu bemerken. Lediglich die X-Gemeine (ehemals Twitter) verwies auf einen Fehler des Unparteiischen, der letztendlich vermeintlich zum einzigen Break in dem gesamten Match geführt hatte.

Bernades hätte schon vor Jahren gefeuert werden sollen.

Es stand gerade 7:6, 6:7 aus Sicht des Schweizers, der im zweiten Spiel des dritten Satzes aufschlug. Nachdem Wawrinka einen Punkt gemacht hatte, war der Unparteiische Bernades für wenige Sekunden unaufmerksam und loggte statt einem Spielstand von 15:15 eine leichte Führung von 0:30 für Cobolli ein. Da aber niemand den Patzer bemerkte, lief das Match einfach weiter und Cobolli gewann das erste und einzige Break des Matches und somit schlussendlich auch die Partie gegen den Schweizer.

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Keiner der beiden Spieler meldete sich nach der Begegnung zu Wort. Das übernahm dann aber der Wimbledon-Finalist von 2022, Nick Kyrgios. Via „x“ schrieb er: „Bernades hätte schon vor Jahren gefeuert werden sollen.“ Allerdings scheinen die Vorurteile, die der Australier gegen den Schiedsrichter hegt, von anderer Natur zu sein. Denn der Brasilianer war der Verantwortliche für zahlreiche Sanktionen, die Kyrgios im Rahmen der Miami Open 2022 erhalten hatte. Neben zahlreichen Verwarnungen musste Kyrgios 35.000 $ Strafen bezahlen.

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Alexander Zverev: „Wofür investiere ich die ganze Arbeit?“

Auch der deutsche Topspieler Alexander Zverev hatte in seinem Drittrunden-Match von Shanghai gegen Tallon Griekspoor diskussionsbedarf. Der 27-Jährige zweifelte eine Entscheidung des Unparteiischen an, dass ein Ball zweimal aufgekommen sei, bevor Zverev in zurückschlagen konnte. Fassungslos über den Punktverlust echauffierte sich der gebürtige Hamburger. „Jedes Grand Slam-Finale verliere ich wegen eueren Fehlern“, sagte er in Richtung des Schiedsrichters. „Ich arbeite mir den Hintern ab und ihr entscheidet das ganze Match und bestimmt den Ausgang der Turniere.“ Dann stellte er die Frage: „Wofür investiere ich die ganze Arbeit überhaupt?“

Zwar ärgerte sich Zverev minutenlang über die Entscheidung, dennoch bekam der 27-Jährige seine Emotionen wieder in den Griff und entschied das Match letztendlich in drei Sätzen für sich.