Charly Steeb 2023 mit Sascha und Mischa Zverev.

Carl-Uwe Steeb, besser bekannt als Charly Steeb, erreichte vor knapp 35 Jahren sein Karriere-Hoch auf Platz 14 der Herren-Weltrangliste. Er gewann drei Titel im Einzel, stand in fünf weiteren ATP-Endspielen und holte auch drei ATP-Doppel-Trophäen. Parallel war der gebürtige Aalener auch für das deutsche Davis Cup-Team aktiv, wurde 13-mal nominiert und gewann an der Seite von Boris Becker, Patrik Kühnen und Eric Jeelen 1988 zum ersten Mal den Teamwettbewerb für Deutschland. Dabei schlug Steeb die damalige Nummer eins Mats Wilander in einem engen Fünfsatz-Match, was er noch heute als „einen der emotionalsten Momente“ seiner Karriere bezeichnet.

1996 beendete Steeb seine Karriere als professioneller Tennisspieler. Der Sportart ist er aber nach wie vor eng verbunden, vor allem durch einige neue Projekte, die in den vergangenen Monaten ins Rollen kamen. Dazu zählt unter anderem die Zusammenarbeit mit dem Nachwuchstalent Justin Engel sowie eine Tennisshow mit einem ganz eigenen Ansatz – wie Steeb im Interview mit Tennis Channel DE berichtet.

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Charly, es ist fast 30 Jahre her, dass du deine Karriere als professioneller Tennisspieler beendet hast. Nach wie vor bist du mit dem Tennis aber verbunden. Wie sieht denn dein Leben heute aus?

Ich bin wieder sehr viel tiefer im Tennis drin, als ich das die letzten Jahre war. Zum einen habe ich die letzten zwei, drei Jahre für Eurosport kommentiert und zum anderen habe ich seit Oktober letzten Jahres das Beratungsmandat bei Sportfive/Projektfive, um global das Spielermanagement aufzubauen. Nachdem wir dann das Management von Justin Engel übernommen haben, bin ich nun wieder sehr eng an der Tennisszene.

Ein besonderer Moment in deiner Karriere war 1988 beim Davis Cup. Seither hat sich in dem Teamwettbewerb aber einiges verändert. Wie empfindest du das?

Da sind sich viele einig und das ist auch meine klare Meinung, dass das neue Format dem Davis Cup geschadet hat. Den Davis Cup hat ausgezeichnet, dass du deine Partie entweder zu Hause oder auswärts austrägst, wie zum Beispiel in Brasilien, in Argentinien – eben in einem anderen Land. Das waren die Grundpfeiler des Davis Cups. Dadurch waren die Fans integriert und emotional voll dabei. Im neuen Format triffst du dich jetzt – abgesehen von den ersten Runden – an einem neutralen Ort und spielst dann in Spanien die Partie Deutschland gegen Norwegen. Da sind gerade mal 100 Fans da.

Das hat einen wesentlichen Teil des Davis Cups entfernt und die Bedeutung und Begeisterung aus dem Davis Cup genommen.

Klar ist auch, warum das so gemacht wurde. Finanziell war das neue Format für die Verbände verlockend und alle haben deshalb zugestimmt. Ein weiterer Punkt: Man hat es für die Topspieler einfacher gemacht, teilzunehmen. Aber wie es sich herausgestellt hat, hat es die Bedeutung und den Charme entfernt. Ich denke, es wurden große Fehler gemacht. Ich hätte das alte Format belassen, aber dann den Davis Cup nur alle zwei Jahre ausgetragen.

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An der Seite von unter anderem Boris Becker gewann Charly Steeb 1988 erstmals die Davis Cup-Trophäe für Deutschland. Mit Becker stand er auch danach gelegentlich im Doppel auf dem Court, wie hier in Hamburg. Später betreute Steeb das Davis Cup-Team als Kapitän.

An der Seite von unter anderem Boris Becker gewann Charly Steeb 1988 erstmals die Davis Cup-Trophäe für Deutschland. Mit Becker stand er auch danach gelegentlich im Doppel auf dem Court, wie hier in Hamburg. Später betreute Steeb das Davis Cup-Team als Kapitän.

Ein häufiger Kritikpunkt am deutschen Tennis ist der fehlende Nachwuchs. Woran liegt das?

Im Vergleich zu unserer Zeit finden weniger Talente den Weg zum Tennis. Die Konkurrenz mit anderen Sportarten ist größer geworden und Tennis ist nach wie vor keine billige und einfache Sportart, wenn man ein Spitzenspieler werden möchte. Die breite Förderung in den Verbänden ist sehr gut und eine gute Basis in Deutschland.

Für die Spieler und Spierinnen, die eine Profikarriere einschlagen möchten, bräuchten wir wesentlich mehr Profiturniere auf der unteren Basis, sodass sie die Möglichkeit haben, im eigenen Land viele Profiturniere als Einstieg spielen zu können – wie es in Italien oder Spanien der Fall ist.

Die Ganztagsschulen machen es den Talenten auch nicht einfacher, Schule und Leistungstennis gut zu verbinden. Zum Glück ist es nun zum Teil auch möglich, die Schule online zu machen, um dann auf das notwendige Trainingspensum zu kommen, wenn man Profi werden möchte.

Charly Steeb über Justin Engel: "Er hat den Willen und das Talent, alles für sein Tennis zu tun!"

Wo wir gerade beim Thema Nachwuchs sind: Du arbeitest seit Neuestem mit Justin Engel zusammen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Das kam, wie schon erwähnt, durch meine Aufgabe bei Sportfive, Talente zu sichten. Justin ist als Deutscher der weltweit Unter-18-Jährigen, der aktuell höchstplatzierte Spieler der ATP-Rangliste, und deshalb sehr interessant für uns.

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Welches Potenzial siehst du in Justin Engel?

Er hat großes Potenzial. Bisher hat er den Sprung aus der Jugend zu den Herren sehr gut geschafft. Er ist für sein Alter enorm weit. Nichtsdestotrotz ist es nach wie vor ein langer Weg. Dort sehe ich meine Aufgabe. Das eine ist die Vermarktung, aber das andere ist die Karriereplanung. Ich bringe meine Erfahrungen ein um seinen Vater und Justin so gut wie möglich unterstützen – Umfeld, Trainer, Turnierplanung, was so alles dazugehört.

Was unterscheidet Justin von dem anderen Nachwuchs in Deutschland?

Grundsätzlich haben wir in seiner Generation einige Talente in Deutschland.

Warum gefällt er mir? Weil er das Talent und den Willen hat, alles für sein Tennis zu tun, um die Ziele zu erreichen, die er sich steckt.

Er hat ein sehr druckvolles Spiel. Genau das sieht man heute an der Weltspitze, die von viel Power geprägt ist. Die bringt er mit und das hat mir gefallen. Da unterscheidet er sich zu anderen. Aber es gibt auch ein paar andere, die das Potenzial haben, diesen Weg zu gehen.

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Kürzlich wart ihr gemeinsam an der Rafael Nadal Academy auf Mallorca…

Genau, Justin war fünf Tage da und hat sich auf die Sandplatz-Saison mit seinem Vater vorbereitet. In der Academy hat man ein passendes Umfeld und Voraussetzungen: Viele Spieler sind vor Ort, mit denen man trainieren und Matches spielen kann. Man wohnt in der Academy und hat kurze weg zum Gym oder zum Pysio. An einem Tag kam Rafa an den Platz und hat sich Justin angeschaut. Das war eine schöne Begegnung für Justin.

Er hat eine Wildcard für die BMW Open in München bekommen. Welche Bedeutung hat es für einen jungen Spieler wie ihn, die Chance zu bekommen, bei einem ATP-Turnier im Hauptfeld mitzuspielen?

Es ist eine große Chance. Denn er bekommt die Möglichkeit, sich mit den Besten zu messen. Das ist es eine wichtige Erfahrung, denn für ihn ist es logischerweise immer neu, in einem großen Stadion zu spielen. Dann kann er im Training mit Top-Leuten und Weltklasse-Spielern spielen. Justin freut sich sehr auf die BMW Open.

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„Das beste Gefühl, das ich haben konnte“: Der 17-jährige Justin Engel über seinen ersten ATP-Einzelsieg in Almaty

Welche Ziele habt ihr euch für die Zusammenarbeit gesteckt?

Sportliche Ziele steckt sich Justin mit seinem Trainerteam. Das sind Dinge, die man mit Geduld angehen muss, denn er muss noch viel lernen. Mein Ziel ist, möglichst viel Erfahrung mit reinzubringen, um Fehler, die man vielleicht in der Turnierplanung oder in den einzelnen Schritten der Karriere macht, zu vermeiden. Realistisch für dieses Jahr sind die Top 200 der Weltrangliste.

Justin Engel spielt aktuell häufig auf der Challenger-Tour. Welche Rolle spielen diese Art von Turnieren für Tennisspieler?

Die Challenger-Tour ist mittlerweile gewachsen und viel größer geworden. Aber man beginnt mit den Future-Turnieren. Das sind die kleineren Events, von denen Justin mittlerweile fünf gewonnen hat. Das ist schon ein großer Erfolg. Der Gewinn des Challengers letztes Jahr hat es ihm ermöglicht, jetzt in der Range zu stehen, dass er in dem Next-Gen-Programm der ATP aufgenommen wurde. Dadurch bekommt er mindestens acht Wildcards von den großen Challenger-Turnieren, wo er sich dann nicht mehr durch die Qualifikation spielen muss. Das ist ein großer Vorteil für ihn und das hat er es sich selbst erarbeitet. Natürlich versuchen wir von der Management-Seite andere Wildcards zu organisieren, dass er so häufig wie möglich auf dem nächsten Niveau spielen kann.

Die Challenger-Tour ist für ihn mit seiner Rangliste jetzt das Sprungbrett.

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Charly Steeb mit neuer Tennis Show

Ein weiteres neues Projekt in deiner Pipeline ist ein neuer Podcast. Woher kam die Idee?

Es geht darum, Tennis aus einem anderen Blickfeld zu sehen. Es ist eher eine Tennis-Show, die von der Fan-Seite kommt. Die anderen Partner sind alle tennisbegeistert, Tennis-Fans und kennen sich im Tennis gut aus. Ich bin eher „der Fachmann“. Aber es geht darum, was eigentlich den Fan interessiert. Wir beleuchten nicht, wie einzelne Matches gelaufen sind, sondern mehr die Unterhaltung. Welche Mode wird getragen? Wie sind die Ausstatter? Was passiert um das Tennis herum? Wie erlebt der Fan das Ganze? Was interessiert den Fan? Das versuchen wir auf eine unterhaltende Weise rüberzubringen. Wir sind vor drei Monaten gestartet und wachsen stark. Wir freuen uns, dass es so gut ankommt.

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Wie gefällt dir dieser Rollenwechsel vom Tennisspieler zum Host einer Show?

Ich fühle mich sehr wohl. Für mich ist es erfrischend, dass wir nicht über Matches reden. Ich unterhalte mich auch nicht mit einem anderen Fachmann, sondern bekomme ganz andere Fragen oder muss andere Fragen stellen. Es geht um andere Themen, die man bewertet, die für mich als Tennisspieler gar nicht so wichtig waren, aber superspannend für den Fan sind. Es macht Spaß, in der Runde dabei zu sein.

Wie würdest du eure Tennis-Show in drei Worten beschreiben?

Ich würde sagen fachkundig, erfrischend lustig und informativ.

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