Boris Becker @Bitpanda Hamburg Open 2025

Eigentlich fand das große Spektakel Mittwochnachmittag, am 22. Mai 2025, auf dem Centre Court am Rothenbaum statt. Dort trat die 17-jährige Nachwuchshoffnung aus Deutschland Justin Engel gerade gegen den ehemaligen Top-Ten-Spieler Andrey Rublev an. Doch währenddessen zeigte sich im Fan-Village eine ganz andere Persönlichkeit, die im gleichen Alter von Engel bereits einen Grand-Slam-Titel in Wimbledon gewonnen hatte.

Tennisfans und Zuschauer jeglicher Altersklassen versammelten sich an den Liegestühlen und Bierzelt-Garnituren vor der großen Bühne. Immer wieder blickten sie sich suchend um. Denn sie alle warteten auf ihren „deutschen Tennis-Helden“ Boris Becker. Als er umgeben von Security-Männern die grüne Rasenfläche betrat, wanderten die Smartphones und Kameras in die Höhe. Viele Besucher stürmten kurzzeitig zur Bühne, um ein Foto von Becker zu machen. Was sie alle nicht vergaßen: den sechsfachen Grand-Slam-Sieger mit lautem Applaus zu empfangen.

Der Grund für sein Erscheinen war ein offenes Gespräch vor Publikum, organisiert von Elis, dem Textilausstatter der Bitpanda Hamburg Open.

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Boris Becker verbrachte immer viel Zeit in Hamburg, kurzzeitig wohnte er sogar in der Hansestadt, weshalb er immer wieder gerne in die Stadt im Norden zurückkehrt.

Boris Becker verbrachte immer viel Zeit in Hamburg, kurzzeitig wohnte er sogar in der Hansestadt, weshalb er immer wieder gerne in die Stadt im Norden zurückkehrt.

Selbst hatte Boris Becker während seiner aktiven Karriere auch mehrfach am Rothenbaum aufgeschlagen. 1990 stand er im Finale gegen Juan Aguilera, das er – wie er heute sagt – gerne verloren hat. Dabei gedenkt er dem kürzlich verstorbenen Spanier, der ein „hartes Schicksal“ erlitten hatte.

Auch ohne einen Sieg in Hamburg kommt Becker gerne in seine alte Heimat zurück. „Man sagt hier gerne ‚Hamburg meine Perle‘. Das Gefühl habe ich auch. Ich bin immer wieder gerne hier“, sagte Becker gleich zu Beginn des Gesprächs.

In Hamburg war er aber nicht nur als Spieler unterwegs. Seine damalige Freundin wohnte in der Hansestadt, weshalb Becker kurzzeitig auch in den Norden zog. Zudem fungierte er eine Zeit lang als Chairman des Tennisturniers.

Seinen ersten Auftritt in Hamburg hatte Becker mit 16 Jahren. Ein Jahr später gewann er seine erste Wimbledon-Trophäe im Alter von 17 Jahren. Vor allem in Deutschland brach zu dieser Zeit ein wortwörtlicher Tennis-Boom aus – natürlich auch verbunden mit den Erfolgen von Steffi Graf.

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1985 gewann Boris Becker seine erste Grand-Slam-Trophäe im Alter von 17 Jahren in Wimbledon.

1985 gewann Boris Becker seine erste Grand-Slam-Trophäe im Alter von 17 Jahren in Wimbledon.

Boris Becker: "Musste mich verstecken"

Rückblickend würde Becker seinen frühen Erfolg gerne etwas vertagen: „Bei mir war es zu früh, mit 17 kann man das noch nicht wirklich verkraften“, sagte er 40 Jahre nach diesem historischen Sieg. Der Grund dafür war aber auch das ganze Aufsehen im Nachgang.

Die wunderbare Umarmung, die ich in Deutschland erfahren habe, war manchmal zu fest. Ich habe keine Luft mehr bekommen und musste mich dann auch teilweise verstecken und mehr Zeit im Ausland verbringen, als mir lieb war.

Eintauschen wollte er den Sieg aber trotzdem nicht: „Lieber früh als nie“, kommentierte er lachend. „Ich bin ganz froh über meine sechs Siege. Ich glaube aber, besser wäre es gewesen, wenn ich so mit Anfang 20 den ersten großen Erfolg gehabt hätte. Ich glaube, meine Karriere wäre dann vielleicht sogar noch erfolgreicher verlaufen.“

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Genau wie bei Steffi Graf machten die frühen Erfolge von Boris Becker ihn zu einem absoluten Star in Deutschland – aber auch international.

Genau wie bei Steffi Graf machten die frühen Erfolge von Boris Becker ihn zu einem absoluten Star in Deutschland – aber auch international.

Boris Becker: "Sascha Zverev ist ein absoluter Tennis-Superstar!"

Bei der deutschen Nummer eins, Alexander Zverev, ist es umgekehrt der Fall. Der gebürtige Hamburger jagt im Alter von 28 Jahren noch immer seinem großen Traum vom Grand-Slam-Titel hinterher. Daran wird er auch häufig gemessen und kritisiert. Die Anerkennung für andere Erfolge, wie 24 ATP-Titel sowie Olympisches Gold oder Weltranglisten-Platz zwei, verlieren dabei häufig an Bedeutung.

„Er ist ein absoluter Weltklassespieler, schon seit vielen Jahren. Hier in Hamburg hat er schon den Titel gewonnen, war die Nummer zwei der Welt. Ich merke aber schon, dass er auf den deutschen Turnieren die Anerkennung und den Respekt, den er verdient hat, bekommt“, analysierte Becker. Aber Becker richtete auch bedächtige Worte an das Tennispublikum: „Oft merkt man, was man an den Stars hat, wenn sie nicht mehr da sind. Und ich will das Beispiel von Franz Beckenbauer nicht wiederholen.“

Er betonte erneut: „Sascha Zverev ist ein absoluter Tennis-Superstar auf der ganzen Welt. Zum Glück kommt er aus Deutschland.“ Kaum ausgesprochen, erntete Becker großen Applaus der Hamburger Tennisfans im Village.

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Becker und Zverev bei der WorldChanger x Alexander Zverev Foundation Veranstaltung im Stanglwirt 2024.

Becker und Zverev bei der WorldChanger x Alexander Zverev Foundation Veranstaltung im Stanglwirt 2024. 

Becker über Engel: "Er ist gut eingebettet!"

Justin Engel hingegen steht noch am Anfang seiner Karriere. Trotz seines jungen Alters verfügt der gebürtige Nürnberger über perfekte Voraussetzungen: Er hat mit Philipp Kohlschreiber einen Ex-Profi als Coach, zudem wird er von einer Agentur betreut und hat einen Medienberater.

Über Engel meinte Becker: „Da gibt es ja dieses wunderbare Lied: ''Mit 17 hat man noch Träume', die hat Justin auch. Er ist gut eingebettet mit seinem Vater, Philipp Kohlschreiber und seiner Agentur Sportfive. Also hat er ein sehr professionelles Umfeld, das ist schon mal die halbe Miete.“

Er führte fort: „Letztendlich liegt es am Spieler, wie weit will er gehen und welchen Preis ist er bereit zu zahlen, um weiterzukommen. Tennis ist ein Einzelsport, das ist gut und schlecht. […] Ich will nicht sagen, dass es heute schwerer oder leichter geworden ist. Ich habe den Eindruck, dass die Spieler sich etwas später entwickeln, als wir das früher getan haben. Heute würde ich sagen, so ab 22/23 Jahren kann man erkennen, wohin die Reise bei einem jungen Spieler geht.“

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Über den 17-jährigen Justin Engel und seinen Coach Philipp Kohlschreiber sagte Becker: "Das ist eine sehr interessante Kombo, die sehr erfolgreich werden kann."

Über den 17-jährigen Justin Engel und seinen Coach Philipp Kohlschreiber sagte Becker: "Das ist eine sehr interessante Kombo, die sehr erfolgreich werden kann."

Boris Becker: "Dank Alcaraz, Sinner & Zverev boomt das Tennis!"

In genau diesem Alter von 23 Jahren befinden sich gerade zwei der dominantesten Spieler auf der ATP-Tour: Jannik Sinner und Carlos Alcaraz. Nach der Ära der Big-3 haben sie mittlerweile das Zepter übernommen. „Ich dachte schon, dass nach Federer, Nadal und Djokovic der Boom nachlassen würde“, gestand Becker. „Aber ich lag falsch. Dank Alcaraz, dank Sinner, aber auch dank Zverev boomt Tennis wieder auf der ganzen Welt. Es ist der drittpopulärste Sport der Welt, das vergisst man manchmal“, erinnerte der Deutsche.

Diese drei Spieler wählte Becker übrigens auch als Favoriten auf das bevorstehende Grand-Slam-Turnier in Paris. „In Paris war er letztes Jahr im Finale. Das muss sein Ziel sein.“ Einen glasklaren Spitzenspieler wollte Becker aber dennoch nicht ausmachen, denn da würden auch andere Faktoren, wie etwa die Auslosung, eine entscheidende Rolle spielen.

Das wird Becker dann aber – wie in den vergangenen Jahren auch – live als TV-Kommentator aus München mitverfolgen.